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FINANZEN – Haushalt 2022

Die Gemeinde Jesteburg hat ihre Rücklagen aufgebraucht,. Die Schulden steigen und es droht ein Nothaushalt.

HAUSHALT 2022 – GROSSER WURF ODER NUR EIN ERSTER SCHRITT?

– Gemeinderat erhöht Steuern und kürzt freiwillige Leistungen

In den Beratungen für den Haushalt 2022 wurde erneut deutlich, dass die Gemeinde Jesteburg weder kurz- noch mittelfristig ihre Ausgaben decken kann. Die Rücklagen der vergangenen Jahre sind aufgebraucht, die Schulden steigen und es drohte bereits für dieses Jahr ein nicht genehmigungsfähiger Haushalt.

Was hätte das bedeutet?

Kredite für beschlossene Investitionen hätten nicht mehr aufgenommen und freiwillige Leistungen wie z.B. das Betreiben des Freibades oder freiwillige Förderungen in der Jugend-, Vereins- und Kulturarbeit nicht länger finanziert werden können.

Deshalb empfahl der Finanzausschuss in seiner Januar-Sitzung eine befristete Steuererhöhung (Zusatzeinnahmen ca. 380.000 Euro p.a.). Auf Einsparungen konnte man sich nicht einigen. In den vergangenen Wochen hatte sich die Deckungslücke aufgrund weiterer Beschlüsse nochmals vergrößert. Statt der bisher angenommenen Deckungslücke von 380.000 Euro fehlten 600.000 Euro.

Deshalb musste sich der Finanzausschuss in einer Sondersitzung am 09. März 2022 erneut mit dem Haushalt auseinandersetzen. Grundsätzlich gab es drei Optionen:

  • Kürzung der freiwilligen Leistungen
  • Kürzung der geplanten Investitionen
  • Erhöhung der Steuern

Die große Mehrheit im Finanzausschuss sprach sich dafür aus, die freiwilligen Leistungen und geplanten Investitionen kritisch zu hinterfragen. Sollten die Beratungsergebnisse nicht ausreichen, um die Deckungslücke zu schließen, müsste die dann noch fehlende Summe über Steuererhöhungen abgedeckt werden.

Es wurden Einsparungen in Höhe von ca. 159.000 Euro vorgeschlagen. Einigen konnten sich die Finanzausschussmitglieder auf Kürzungen in Höhe von ca. 100.000 Euro. Die verbleibende Finanzierungslücke in Höhe von 500.000 Euro solle vorübergehend durch eine Anhebung der Grund- und Gewerbesteuern aufgefangen werden. Die zusätzliche Steuerlast von jeweils ca. 250.000 Euro sollten sich die Gewerbetreibenden und Bürger teilen.

Wir haben dieses Vorgehen als Notfallmaßnahme mitgetragen. Zur mittel- und langfristigen Finanzierung der Haushaltsausgaben muss der Gemeinderat in den kommenden Monaten jedoch langfristig tragfähige Lösungen finden. Statt mit Maßnahmen, die schon in der Vergangenheit nicht überzeugen konnten, die Herausforderungen von heute und morgen lösen zu wollen, muss der Gemeinderat „neue“ Wege gehen. Deshalb werden wir beantragen, dass der Gemeinderat noch vor den Sommerferien, in einer Klausurtagung Lösungen erarbeitet, die ökologisch und ökonomisch Sinn machen und die Gemeinde aus der aktuellen Finanzmisere befreien.

Die Beratungen für den Haushalt 2023 werden im Herbst dieses Jahres beginnen. Bereits jetzt ist absehbar, dass die Samtgemeinde von ihren Mitgliedsgemeinden Jesteburg, Bendestorf und Harmstorf erheblich höhere Abgaben einfordern wird, um die geplanten Investitionen in die Grundschulen, Feuerwehrgebäude und eine Erweiterung der Verwaltungsflächen finanzieren zu können.

Es wird notwendig sein, alle freiwilligen Leistungen und die bisherige Baupolitik kritisch zu hinterfragen. Es müssen neue Wege beschritten werden, um die Einnahmenseite nachhaltig zu verbessern und in den mittel- und langfristigen Planungen endlich die Kosten für zusätzliche Investitionen in den Umweltschutz (z.B. Oberflächenentwässerung – ca. 3 Millionen Euro), den Klimaschutz (z.B. energetische Sanierung von Bestandsgebäuden – ca. 3 Millionen Euro) und die Instandsetzung der Straßen und Wege im Gemeindegebiet mit mindestens 6 Millionen Euro berücksichtigt werden. Selbst wenn diese Maßnahmen nur schrittweise z.B. in den nächsten 10 Jahren umgesetzt werden sollen, müssten in den Haushalten zukünftig jährlich mindestens 1 Million Euro zusätzlich dafür eingestellt werden.

Den Glauben vieler Ratsmitglieder, dass die Ausweisung zusätzlicher klassischer Gewerbegebiete zu einer signifikanten Verbesserung der Steuereinnahmen führen wird, teilen wir nicht. Mit vorrangig geplanten Erweiterungsflächen für bereits ortsansässige Betriebe kann das Finanzierungsloch kaum gestopft werden. Heute nimmt die Gemeinde Gewerbesteuern in Höhe von ca. 2,3 Millionen Euro ein. Um die Gewerbesteuereinnahmen um z.B. 1 Million Euro zu erhöhen, müssten diese Unternehmen mindestens 7 Millionen Euro Gewinnertrag vor Steuern erwirtschaften.

Ebenso wenig teilen wir die Annahme vieler Ratsmitglieder, dass Neubaugebiete und der damit zu erwartende Zuzug zu einer Entlastung des Gemeindehaushaltes beitragen werden. Bisher sind gerade die damit verbundenen Investitionen (zusätzliche Straßen, Betreuungs- und Bildungsangebote etc.) die größten Kostenblöcke, die durch die zusätzlichen Einnahmen aus der Einkommenssteuer nicht einmal annähernd gedeckt werden.

Wir sind überzeugt, dass die Gemeinde bei der Erschließung zusätzlicher Wohn- und Gewerbegebiete ihren gestalterischen Einfluss geltend machen muss. Eine Beteiligung der Gemeinde an den Erlösen aus der Umwandlung von Wald, Wiesen und Acker in Bauland muss dabei eine ebenso große Rolle spielen wie die stärkere Berücksichtigung von Klima- und Umweltschutzvorgaben.

Die detaillierten Vorschläge der UWG Jes! liegen seit Jahren auf dem Tisch. Doch weder Anträge zur Einführung eines Partnerschaftsmodelles (wie es z.B. in Winsen erfolgreich praktiziert wird) noch unsere Empfehlungen für klima- und umweltgerechtes Bauen (z.B. KfW40-Standard, Einsatz von 100% regenerativer Energien für alle Neubauten) oder eine konsequente Berücksichtigung der Auswirkungen von Neubauvorhaben auf den Verkehr wurden bisher von der Ratsmehrheit unterstützt.

Einsparungen bzw. Einnahmeerhöhungen

Es wurden Vorschläge zur Verbesserung der Erträge und Reduzierung der Kosten in einem Gesamtumfang von ca. 159.000 Euro vorgetragen. Hierbei wurde deutlich, dass alle Beteiligten Kürzungen in der Sportförderung, der Seniorenbetreuung und der Unterstützung der Vereine durch den Bauhof ablehnen.

Die folgenden Vorschläge wurden einzeln abgestimmt:


Steuererhöhungen

Die bisherigen Steuersätze wurden angepasst:

Steuerart
Bisher
Neu
Mehreinnahmen
Grundsteuer A:
330%
380%
ca. 3.300 €
Grundsteuer B:
460%
525%
ca. 240.000 €
Gewerbesteuer:
380%
420%
ca. 240.000 €

Die Auswirkungen

  • Grundsteuer A: Eigentümer land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke erbringen statt bisher insgesamt ca. 20.000 Euro in Zukunft ca. 23.000 Euro am Gesamtsteuereinkommen der Gemeinde.
  • Grundsteuer B: Eigentümer aller anderen Grundstücke erbringen statt bisher insgesamt ca. 1,71 Million Euro in Zukunft ca. 1,95 Millionen Euro am Gesamtsteuereinkommen der Gemeinde.
  • Gewerbesteuer: Gewerbetreibende erbringen statt bisher insgesamt ca. 2,30 Millionen Euro in Zukunft ca. 2,54 Millionen Euro am Gesamtsteuereinkommen der Gemeinde.

Die Einnahmen aus der Hundesteuer (ca. 30.000 Euro) und der Vergnügungssteuer (ca. 15.900 Euro) haben kaum Einfluss auf die Gemeindefinanzen.

Zusätzlich ist die Gemeinde an folgenden Steuern beteiligt, dessen Anteil sie aber nicht beeinflussen kann:

  • Einkommenssteuer: ca. 4,90 Millionen Euro
  • Umsatzsteuer: ca. 390.000 Euro

Beispielrechnungen

Grundsteuer B:

Bisher zahlt ein Grundstücksbesitzer mit einem „durchschnittlichen“ Grundstück ca. 370 Euro im Jahr. Zukünftig wird er jährlich ca. 65 Euro mehr bezahlen.

Tipp: Teilen Sie ihre heutige Grundsteuerlast durch 460 und multiplizieren Sie das Ergebnis mit 525. Das Ergebnis zeigt ungefähr ihre zukünftige jährliche Belastung an.

Gewerbesteuer:

Bisher bezahlte ein Gewerbetreibender, der z.B. 100.000 Euro Gewinn vor Steuern (Gewinnertrag) für das Jahr auswies, ca. 13.300 Euro Gewerbesteuer an die Gemeinde Jesteburg. Nach der Anhebung des Steuersatzes wird er zukünftig 14.700 Euro abführen müssen.

Tipp: Multiplizieren Sie Ihren „endgültigen Gewerbeertrag“ mit der Gewerbesteuermesszahl 0,035. Das Ergebnis ist der Steuermessbetrag. Multiplizieren Sie diesen mit dem Hebesatz der Gemeinde (4,20). Das Ergebnis ist ihre voraussichtliche neue Gewerbesteuerlast.

Achtung: Für die Berechnungen übernehmen wir keine Haftung. Sie basieren auf den Berechnungsgrundlagen, die uns in den Beratungen an die Hand gegeben wurden.