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BOSSARD – Kunsthalle (Teil 2)

Obwohl viele Fragen unbeantwortet sind, werden die Planungen dessen ungeachtet die Umsetzung des Konzeptes vorangetrieben.

In den vergangenen Wochen ist deutlich geworden, dass das vorgestellte Konzept mit der heißen Nadel gestrickt wurde. Die Vertreter der Stiftung mussten einräumen, dass

  • weder die Gebäudegröße noch die Besucherzahlen verbindlich sind,
  • kein Verkehrskonzept vorliegt – weder zur Verkehrslenkung noch zur Kostenübernahme für damit in Verbindung stehende Baumaßnahmen,
  • die Kosten für die Sanierung der Bossard-Kunststätte (Gebäude, Gartenanlage etc.) nicht in den vorgestellten Kosten in Höhe von 11,76 Millionen Euro berücksichtigt sind,
  • keine Auswirkungen auf die Wirtschaft und das ehrenamtliche Engagement vor Ort geprüft wurden und
  • es nicht geklärt ist, ob weitere Steuergelder benötigt werden und wer diese aufbringen soll, wenn
    • die für einen kostendeckenden Betrieb notwendige Besucherzahl von 25.000 p.a. nicht erreicht würde.
    • die für 5 Jahre zugesagte Erhöhung der jährlichen Fördersumme durch den Landkreis von 400.000 Euro für die laufenden Kosten wieder auf 100.000 Euro gesenkt würde.

Für uns sind die Pläne unausgegoren und bevor – wie von der SPD und der CDU vorangetrieben – ein Planverfahren für eine Bebauung des Bossard-Geländes überhaupt in Erwägung gezogen werden darf, muss die Stiftung auf alle offenen Fragen zufriedenstellende Antworten geben.

Viele Jesteburger reiben sich verwundert die Augen. Hatten sie die Kunststätte Bossard bisher nicht ausreichend gewürdigt? Sie soll nach Aussage von Prof. Dr. Kai Kappel die gleiche kunsthistorische Bedeutung wie die Bauhaus-Bauten in Dessau und die Böttcherstraße in Bremen haben? Und trotzdem glaubt die Stiftung Bossard, die Kunststätte mit einem hässlichen Betonneubau verschandeln zu dürfen und mit wechselnden Bespaßungsangeboten aufwerten zu müssen??

Kaum jemand kann sich erinnern, jemals mehr als 20 Autos vor der Kunststätte oder größere Besucherscharen auf dem Weg zur Kunststätte gesehen zu haben.

Die Stiftung bestätigte, dass die Kunststätte vor allem im Rahmen von Sonderveranstaltungen gut besucht sei. Deshalb müsste dieses Konzept weiter ausgebaut werden. Die Gedenkstätte müsse moderner, vielseitiger und abwechslungsreicher werden. „Bossard 2.0“ als „Kiekeberg der Kunst“? Wechselnde Ausstellungen über Künstler der „Klassischen Moderne“, ein Museumsbetrieb, der die Kunst- und Kulturgeschichte der Lüneburger Heide abdeckt, unterschiedliche Marktattraktionen und kulinarische Angebote in einem neuen Gastronomiebereich sollen die Kunststätte aus ihrem Dornröschenschlaf reißen. Doch wo bleibt da das künstlerische Erbe der Bossards? Ein Anhängsel in einem Kunst-Erlebnispark?

Dieser Ansatz überrascht. Ist der Stiftungszweck der „Stiftung Kunststätte Johann und Jutta Bossard“ in der Satzung unter § 2(2) klar beschrieben:

„Der Zweck der Stiftung ist, den künstlerischen Nachlass von Johann und Jutta Bossard als einheitliches Gesamtkunstwerk zu schützen und zu pflegen sowie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und für die Nachwelt zu erhalten.“

  • Auf unsere Nachfrage, inwieweit sich die Pläne „Bossard 2.0 – Kunsthalle Lüneburger Heide“ mit dem Stiftungszweck in Einklang bringen ließe, erklärten uns die Vorsitzende des Stiftungsrates Dr. Gudula Mayr und das Vorstandsmitglied des Stiftungsrates Herr Hans-Jürgen Börner unisono, dass sowohl die Neubaupläne und die geplante Neuausrichtung der Kunststätte als auch zusätzliche Veranstaltungen wie Konzerte und Märkte satzungskonform seien.
  • Auf unsere Nachfrage, ob durch die zusätzlichen Veranstaltungen im Namen der Stiftung nicht andere ehrenamtlich tätige Vereine und Gewerbebetriebe wie z.B. Achim Peters in Lüllau und das Cafe Book in Jesteburg, die alle ohne millionenschwere Subventionen auskommen müssten, einer unfairen Konkurrenz ausgesetzt würden, wurde mit dem süffisanten Hinweis beantwortet, dass Konkurrenz das Geschäft belebe.

Für uns sind diese Antworten ignorant: Das heutige Kunst- und Kulturangebot in Jesteburg ist vielseitig und abwechslungsreich. Das geplante überdimensionierte Betonmonster, Waldrodungen im großen Stil für PKW- und Reisebus-Parkplätze, Bushaltestellen und notwendige Straßenverbreiterungen werden nicht nur für jede Menge zusätzlichen Verkehr sorgen und das Erholungsgebiet Wald negativ beeinflussen, sondern auch die Kunst- und Kulturszene vor Ort beschädigen.

Für uns klingt „Kunsthalle Lüneburger Heide“ eher nach einem verzweifelten Versuch, Steuergelder im ganz großen Stil einzuheimsen und sich wenig Gedanken über die Auswirkungen auf die Natur, erholungssuchende Wanderer und die Anwohner zu machen. Anders können wir es uns nicht erklären, warum die Stiftung keine Antworten auf die wesentlichen Fragen geben konnte:

  • Wieso hat die Stiftung weder ein belastbares Konzept für den zusätzlichen Besucherverkehr noch kann sie erklären, wer die Kosten für die notwendigen Straßenausbaumaßnahmen übernehmen wird?
  • Wieso soll ein derartiges Gebäudemonster mitten in der Idylle des Waldes, im absoluten Außenbereich entstehen?
  • Wieso kann die Kunststätte nicht die notwendigen Gelder über Zu-Stiftungen und Mäzene einwerben, wenn sie doch europaweit von so kunsthistorischer Bedeutung ist?
  • Wieso muss jetzt alles so schnell gehen? Weil die Kunststätte nur an die Fördertöpfe durfte, weil Fördergelder auf Bundesebene „übrig“ waren? Würde der Bund in den kommenden Jahren der Kunststätte nicht mehr den gleichen kulturellen Stellenwert zugestehen?
  • Warum erlaubt die Stiftung nicht allen Kunsthistorikern einen freien Zugang zum Bossard-Archiv, um sich mit den politischen Überzeugungen des Künstlerehepaares Bossard auseinandersetzen zu können?

Doch nicht nur die Stiftung und die Befürworter aus Berlin und dem Kreistag müssen sich viele Fragen gefallen lassen. Auch die Politiker der Gemeinden Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg müssen sich fragen lassen, warum sie ein Projekt dieser Größenordnung mit weitreichenden finanziellen und ökologischen Folgen unter immensem Zeitdruck durchpeitschen wollen.

  • Warum sind SPD, CDU und die Wählergemeinschaften in Bendestorf und Harmstorf bereit, zusammenhängende und geschützte Waldflächen zur Erholung für großflächige Parkplatzanlagen zu opfern?
  • Warum empfehlen SPD und CDU die  Einleitung eines B-Planverfahrens, ohne dass ein belastbarer Businessplan und ein verbindliches Verkehrskonzept (inklusive einer Klärung der Kostenübernahmen) für das Projekt vorliegen?
  • Warum wehren sich SPD und CDU gegen einen ergebnisoffenen Bürgerdialog und versteifen sich (wider besseren Wissens) darauf, dass alle Bedenken der Bürger und Verbände im B-Planverfahren ausreichend gewürdigt würden?
Parteigehorsam vor Gemeindeinteressen?

Wir vermuten, dass vor allem die Gemeindevertreter der SPD und CDU ihren Parteikollegen auf Kreistag-, Landes- und Bundesebene nicht in den Rücken fallen mögen. Anders ist es uns nicht erklärlich, dass sie bereit sind, die Pläne im Hauruck-Verfahren trotz zahlreicher Bedenken durchzuboxen.

Wir begrüßen, dass es in Jesteburg viele Bürger gibt, die sich dieses Vorgehen nicht gefallen lassen wollen und die Bürgerinitiative „Allianz gegen den Bossard-Bunker“ gegründet haben. Sie werden die  Entwicklungen weiterhin kritisch hinterfragen und haben angekündigt, alle juristischen Möglichkeiten gegen die Umsetzung der vorgestellten Pläne zu nutzen.

Detailierte Information zum Konzept „Bossard 2.0“ finden Sie hier:

KUNST STATT NATUR
– 20.0000 qm Wald sollen der Kunststätte Bossard zum Opfer fallen