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GANZTAGSSCHULEN – Weiteres Vorgehen

Ratsmehrheit stoppt die Planungen für beide Grundschulen. Das Geld reiche nicht, um die Raumkonzepte umzusetzen.

WAR´S DAS MIT GUTER BILDUNG?

– Samtgemeinde kann sich auch nach 10 Jahren Planung nicht entscheiden

Mit den Stimmen von SPD, CDU, den Wählergemeinschaften aus Bendestorf und Harmstorf und den Grünen wurden die bisherigen Planungen für die beiden Grundschulen in Bendestorf und Jesteburg gestoppt. Das Geld reiche nicht, um die Raumkonzepte umzusetzen. Deshalb müssten jetzt „Minimallösungen“ her. Wir sind diesem Beschluss nicht gefolgt. Bevor in Jesteburg und Bendestorf pädagogisch weder sinnvolle noch zukunftsorientierte Sparmodelle umgesetzt werden, würden wir den Umbau der beiden Grundschulen in Ganztagsschulen zurückstellen, bis wir uns diese leisten können (z.B. durch eine stärkere Förderung der Maßnahmen durch Land und Bund). Wo die anderen Parteien Sparpotentiale sehen, haben sie leider nicht weiter ausgeführt.

Bereits mit der Zustimmung zum aktuellen Raumprogramm sind die Schulleitungen erhebliche Kompromisse eingegangen. Die geplanten Flächen für z.B. die Jesteburger Grundschule liegen 20 Prozent unter den Mindestanforderungen, die in Hamburg für eine entsprechende Grundschule gelten.

Im August hatte die Verwaltung überarbeitete Umsetzungsvorschläge für beide Grundschulen vorgestellt. Die daraus resulierenden Investitionskosten beleifen sich auf insgesamt mindestens 31 Millionen Euro. Alle Parteien waren sich einig, dass diese Summe nicht finanzierbar ist. Doch dieser Schock war vorhersehbar. Bereits seit zwei Jahren fordern wir als UWG Jes!, dass die Verwaltung Alternativen prüfen soll. Schließlich stehen viele Städte und Gemeinden vor dem gleichen Dilemma. Schulen, deren Raumaufteilungen vorwiegend dem althergebrachten „Frontalunterricht“ genüge taten, eignen sich nicht für die Herausforderungen der Schulwirklichkeit von heute und morgen.

Wir hatten angeregt, mit „Schulbau Hamburg“ in Kontakt zu treten. Sie setzt seit Jahren erfolgreich die Modernisierung der Hamburger Schulgebäude um. Warum die Verwaltung diesen Vorschlag nicht aufgenommen hat? Wir können es ebenso wenig nachvollziehen wie die Weigerung der Verwaltung, Architekten und Projektentwickler, die über Erfahrungen mit standardisierten Schulbauten verfügen, in die Fachausschüsse einzuladen. Wir hatten entsprechende Kontakte vermittelt.

Nachdem wir daraufhin im September eigenständig einen Termin zur Besichtigung eines Grundschul-Neubaus „Hamburger Klassenhaus“ in Hamburg Sinstorf organisiert hatten, konnte auch die Verwaltung nicht mehr bestreiten, dass mit standardisierten Schulbauten gute und kostengünstige Lösungen zügiger umgesetzt werden können. Die Verwaltung hatte uns noch im August Kosten für eine Sanierung der heutigen Grundschule plus Teilneubau in Höhe von mehr als 21 Millionen Euro vorgestellt. Auf der Grundlage des aktuellen Raumprogrammes der Grundschule Jesteburg könnte ein kompletter Modulschulneubau für ca. 13 Millionen Euro umgesetzt werden. Wenn man dieses Kalkulationsschema auch für die Sonnenschule anwendet, könnte auch in Bendestorf eine zweizügige Ganztagsschule für ca. 6 Millionen neu entstehen.

Auch wenn die Gemeinden derzeit nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um kurzfristig beide Grundschulen neu zu bauen, so halten wir es trotzdem für den falschen Weg, die dringend notwendigen Raumangebote nur aus Kostengründen zu minimieren.

Gute Schule braucht gute Räumlichkeiten!

Wir hatten deshalb beantragt, Schritt für Schritt vorzugehen und (endlich) folgende Fragen abschließend zu klären:

  1. Sind die Konzeptionen der beiden Grundschulen (Stand 2016) für eine Ganztagsbetreuung noch aktuell und somit maßgeblich für die Raumanforderungen?
  2. Wie soll die Nachmittagsbetreuung organisiert werden? Können die Vereine oder ein externer Träger (z.B. DRK oder Jugend aktiv) eigene Räume nutzen, so dass das Raumprogramm im Schulgebäude entsprechend reduziert werden kann?
  3. Welchen Bedarf für eine Ganztagsbetreuung gibt es in den Gemeinden?

Auf dieser Grundlage könnten die bisherigen Raumprogramme optimiert werden und der Samtgemeinderat kann entscheiden, welche Grundschule als erste zur offenen Ganztagsschule weiterentwickelt werden soll.

Wir wollen auf das Fachwissen von Firmen setzen, die seit Jahren erfolgreich komplette Schulbauvorhaben umsetzen. Sie sollen die Möglichkeit haben, ihre individuellen Fertigungsvorteile bei der Abgabe eines Gesamtkonzeptes einzubringen.

Politiker können nicht beurteilen, ob ein Neubau oder eine Sanierung im Bestand (evtl. mit einem Teilneubau) die nachhaltigere und kostengünstigere Lösung ist. Deshalb hatten wir beantragt, in der Ausschreibung diese Bauleistungen alternierend auszuschreiben.

Wir haben als UWG Jes! vorgeschlagen, auf der Grundlage der dann vorliegenden Kosten und Bauzeiten umgehend mit der Realisierung zu beginnen. Die dafür notwendigen Finanzmittel müssen dann entsprechend priorisiert von den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Grundsätzlich trägt die Gemeinde Jesteburg ca. 64% der Kosten, Bendestorf ca. 22% und Harmstorf ca. 14%.

Leider wurde dieses aus unserer Sicht sinnvolle Vorgehen von den anderen Parteien nicht unterstützt.

FAKTEN

Schulform GANZTAGSSCHULE

Die Ganztagsschule bietet ein kostenloses Betreuungsangebot, das über den verpflichtenden Unterricht hinausgeht. Das Betreuungsangebot garantiert ein Mittagessen, Lern- und Übungszeiten, außerunterrichtliche Angebote
 und Zeiten zur freien Gestaltung. Die Ausgestaltung regelt das jeweilige pädagogische Schulkonzept. Das Betreuungsangebot umfasst täglich maximal acht Stunden.

Nach § 23 Nds. Schulgesetz (NSchulG) kommen grundsätzlich drei Formen in Betracht.

  1. OFFENE GANZTAGSSCHULE

Die Schüler*innen nehmen freiwillig an den außerunterrichtlichen Angeboten teil. Die außerunterrichtlichen Angebote finden in der Regel nach dem Unterricht statt.

  1. TEILGEBUNDENE GANZTAGSSCHULE

Die Schüler*innen müssen an zwei oder drei Wochentagen an den außerunterrichtlichen Angeboten teilnehmen. An den übrigen Wochentagen ist die Teilnahme freiwillig.

  1. VOLL GEBUNDENE GANZTAGSSCHULE

Die Schüler*innen müssen an mindestens vier Wochentagen an den außerunterrichtlichen Angeboten teilnehmen. An den übrigen Wochentagen ist die Teilnahme freiwillig.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung wird in der Grundschule schrittweise eingeführt. Ab dem Schuljahr

  • 2026/2027 alle Kinder der 1. Klassen
  • 2027/2028 alle Kinder der 1. und 2. Klassen
  • 2028/2029 alle Kinder der 1., 2. und 3. Klassen
  • 2029/2030 alle Kinder der 1., 2., 3. und 4. Klassen

Der Rechtsanspruch sieht eine Ganztagsbetreuung an allen fünf Werktagen vor – auch in den Ferien. Erfüllt werden kann der Rechtsanspruch sowohl in Horten als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen.

Eine Pflicht, das kostenfreie Angebot wahrzunehmen, gibt es nicht. Die Bundesregierung geht davon aus, dass 75-80 Prozent der Schulkinder das Angebot nutzen werden. Ob zusätzlich eine kostenpflichtige Früh- und/oder Spätbetreuung angeboten wird, obliegt der Entscheidung der Schulträger.

Die Einrichtung bzw. Beantragung des Ganztages ist heute bereits möglich, aber eine gesetzliche Verpflichtung gibt es für die nächsten Jahre noch nicht. Auch die Frage, was eine „gute“ Ganztagsbetreuung ist, wird bisher eher allgemein beantwortet. In erster Linie scheint es darum zu gehen, den politischen Beschluss auf Bundesebene schnellstmöglich in den Kommunen umzusetzen.

Es gelten folgende (Mindest-)Anforderungen:

  • Es liegt ein Einvernehmen mit der Schule über die Ausgestaltung des Ganztages vor.
  • Die Essenszubereitung und Räumlichkeiten für ein Mittagsessen (“Mensa“) sind vorhanden.
  • Eine Hausaufgabenbetreuung ist vorhanden.
  • Ein pädagogisches Programm mit Aktivitäten (ähnlich AGs, Projektunterricht) für die Nachmittagsbetreuung ist vorhanden.
  • Die Vorschriften zu Arbeitsschutz / Arbeitssicherheit und Barrierefreiheit werden beachtet.

Bisher gibt es keine Regelungen, Vorgaben und Aussagen, wer die Kosten für die Ganztagsbetreuung ab 2026 trägt.

Es wird jedoch weiterhin davon ausgegangen, dass

  • das Land die Kosten für die Ganztagsbetreuung (8 Stunden) vollständig trägt.
  • die Schule für die Gestaltung des Ganztagsangebotes verantwortlich ist.

Natürlich schwebt auch immer die Sorge in den Kommunen mit, dass Land und Bund, ähnlich wie bei der Ganztagsbetreuung im Kitabereich, zwar Gesetze und Vorgaben erlassen, die Kommunen jedoch mit der Finanzierung dieser Leistungen im Regen stehen lässt.


SAMTGEMEINDE JESTEBURG

In der Vergangenheit wurden verabschiedete Vorgehensweisen mehrfach wieder verworfen, so dass sich die Umsetzung seit 2012 immer wieder verzögert und verteuert.

Nach unseren Bewertungen der vorliegenden Informationen ergibt sich nicht automatisch, dass das aktuelle Schulprogramm der Grundschule Jesteburg zusätzliche Räumlichkeiten benötigt. Gleichwohl wäre es sinnvoll, die Räumlichkeiten zu modernisieren, um die bereits heute nicht mehr zeitgemäßen Lern- und Arbeitsbedingungen endlich zu verbessern.

Für uns ist es wesentlich, dass die Beratungen über die Zukunft unserer Schullandschaft im Grundschulbereich unter Berücksichtigung der pädagogisch notwendigen, wirtschaftlich vertretbaren und gesetzlichen vorgeschriebenen Rahmenbedingungen stattfinden.

Ist der bisher eingeschlagene Weg „alternativlos“?

NEIN. Unstrittig ist lediglich, dass die Samtgemeinde handeln und die heutigen Räumlichkeiten dringend modernisieren muss, um auch zukünftig ein gutes Bildungs- und Arbeitsumfeld bieten zu können.

Die Mindestanforderungen wurden bereits definiert:

  • Es muss Unterricht im Klassenverband, in Kleingruppen und individuelles Lernen möglich sein.
  • Die Räumlichkeiten müssen variabel nutzbar sein („Multifunktionsräume“).
  • Eine zeitgemäße technische Ausstattung (z.B. „Activeboard“, Zugang zum Internet) muss vorhanden sein.
  • Die Pausenflächen müssen den Bewegungsansprüchen der Kinder gerecht werden und auch unter Pandemiebedingungen nutzbar sein.
  • Den Lehrkräften, Sozialpädagog*innen und Erzieher*innen stehen ausreichend Räumlichkeiten zur Verfügung, um ihre zusätzlichen Aufgaben außerhalb des Unterrichtes (z.B. Teambesprechungen, Elterngespräche, Konferenzen) erfüllen zu können.

Alle darüber hinaus gehenden Investitionen bedürfen einer Abwägung. Nicht immer kann alles auf einmal umgesetzt werden und nicht immer bewähren sich neue Konzepte langfristig.

Die Gemeinderäte in Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg haben ihre Absicht erklärt, in einem ersten Schritt das heutige Schulmodell durch eine Ganztagsschule „light“ abzulösen.

Mit der Einführung der Schulform „Offene Ganztagsschule“ sollen die Schulen die Verantwortung für die Ausgestaltung des Nachmittagsprogrammes an drei Wochentagen übernehmen. Aus unserer Sicht ist diese Festlegung zu hinterfragen. Die Nachmittagsbetreuung könnte auch von z.B. Jugend aktiv vernatwortet werden. Die Angebote können, müssen aber nicht auf dem Schulgelände stattfinden.

Die Nutzung des Angebotes ist freiwillig, jedoch verpflichtend für die Dauer eines Schul(halb)jahres nach entsprechender Anmeldung.

Die Schulentwicklungsplanung für die Samtgemeinde verdeutlicht, dass die Anzahl der Grundschulkinder sinken wird, weil die vorliegenden Geburtenzahlen (Stand: 03/2022) rückläufig sind. Es zeichnet sich ab, dass bis zum Jahr 2027 die Grundschule Bendestorf nur noch einzügig und die Grundschule Jesteburg nur noch dreizügig ausgelastet sein wird. Ab 2033 könnten die Schülerzahlen wieder das heutige Niveau erreichen. Es wird davon ausgegangen, dass das Ganztagsangebot von ungefähr 75% der Kinder wahrgenommen wird.

Daraus ergeben sich folgende Bedarfe für die beiden Grundschulstandorte:

  • JESTEBURG
    • 3-zügig: Insgesamt maximal 312 Grundschulkinder (= maximal 234 Kinder in der Ganztagsbetreuung)
    • 4-zügig: Insgesamt maximal 416 Grundschulkinder (=maximal 312 Kinder in der Ganztagsbetreuung)
  • BENDESTORF
    • 1-zügig: Insgesamt maximal 104 Grundschulkinder (= maximal 78 Kinder in der Ganztagsbetreuung)
    • 2-zügig: Insgesamt maximal 208 Grundschulkinder (= maximal 156 Kinder in der Ganztagsbetreuung)

Derzeit muss dringend geklärt werden, worauf wir bereits seit mehreren Jahren drängen:

  • Wer führt die Nachmittagsbetreuung durch (Schule, Vereine, freier Träger (z.B. Jugend aktiv)?
  • Welche Räumlichkeiten können außerhalb der Schulgebäude genutzt werden?
  • Welche zusätzlichen Kosten entstehen der Gemeinde durch die Wahrnehmung der Aufgabe?

Ergänzend zu diesen Fragen hatten wir am 02.09.2022 die Verwaltung gebeten, den Sachverhalt zu den folgenden Fragen darzulegen. Am 15.11.2022 erhielten wir diese Antworten:

Muss in Bendestorf eine eigene Grundschule vorhanden sein?

Gemäß § 4 Abs. 1 Verordnung für die Organisation der allgemein bildenden Schulen (SchOrgVO), gilt für die Größe der Grundschulen, dass diese mindestens einzügig und höchstens vierzügig geführt werden dürfen. Daraus folgt, dass, wenn die Grundschule Jesteburg vierzügig ist, und Bendestorf mindestens einzügig ist, in Bendestorf eine Grundschule vorhanden sein muss.

Hat Jesteburg dauerhaft weniger als 3 Züge, so muss (bei Einzügigkeit) in Bendestorf keine Grundschule vorhanden sein.

Muss diese eine Ganztagsschule sein? Wenn nein, welche alternative Schulform darf dann umgesetzt werden?

Ab dem Jahr 2026 gibt es zwar eine Pflicht zur ganztäglichen Betreuung, es ist jedoch angedacht, dass es sogenannte „Schwerpunktschulen“ innerhalb eines Samtgemeindegebietes geben könnte. Die rechtlichen Grundlagen dafür existieren bislang noch nicht. Ggf. wäre in diesem Zusammenhang auch eine Hort-Lösung denkbar. Aktuell gibt es noch keine Pflicht zur Umsetzung bzw. zum Betrieb einer Ganztagsschule.

Wie viele Anmeldungen müssen mindestens für einen Jahrgang vorliegen?

Die Pflicht zur Ganztagsbetreuung ab 2026 ist unabhängig von der Zahl der Anmeldungen.

In Niedersachsen ist die Zügigkeit einer Grundschule auf 4 Klassen je Jahrgang festgesetzt. Gleichzeitig ist festgelegt, dass diese Höchstzahl vorübergehend überschritten werden darf.

Wie ist das in Bezug auf unsere beiden Schulstandorte zu interpretieren? Welche Möglichkeiten bestehen, um z.B. eine fünfzügige Grundschule an einem Standort umzusetzen (Stichwort: Modellversuch)?

Die Höchstzahl für die Zügigkeit darf nur vorübergehend und in Ausnahmefällen überschritten werden. Ausnahmegenehmigungen hierzu werden selten und restriktiv erteilt, d.h. eine fünfzügige Grundschule ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Der Schulträger hat seinen schulorganisatorischen Entscheidungen nach § 106 Abs. 1 und 2 NSchG eine Prognose der Schülerzahlen für mindestens zehn Jahre zugrunde zu legen. In der letzten uns vorliegenden Prognose für die kommenden 5 Jahre (Stand 03/2022) wurde für die Samtgemeinde eine Vierzügigkeit, die Grundschule Bendestorf eine Einzügigkeit und für Jesteburg eine Dreizügigkeit prognostiziert.

Wie stellt sich die aktuelle Prognose für die Samtgemeinde Jesteburg im vorgeschriebenen 10 Jahresausblick dar?

Bezüglich der Prognosen wird auf unterschiedliche Beratungsvorlagen und den von der Firma biregio in 2019 vorgelegten Schulentwicklungsplan verwiesen. Sollte der Wunsch bestehen, diesen Schulentwicklungsplan zu aktualisieren, so müsste dieses beauftragt werden.