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BAUEN – Baulandentwicklung

Statt Bauland transparent und strategisch zu entwickeln, blockt die Ratsmehrheit und lehnt das UWG-Baulandentwicklungsmodell ab

Am 10. Dezember 2025 hat der Gemeinderat Jesteburg unseren Antrag zur Einführung eines gemeinwohlorientierten Baulandentwicklungsmodells („Baulandmodell 2.0“) abgelehnt.

Auffällig ist dabei weniger das Abstimmungsergebnis als der Weg dorthin:

  • SPD und CDU haben keine alternativen Vorschläge zur künftigen Baulandentwicklung vorgelegt.
  • Ein Ratsmitglied der Grünen stimmte ebenfalls dagegen, die FDP enthielt sich.

Eine inhaltliche Beratung hat faktisch nicht stattgefunden – erkennbar war das Ziel, den Antrag möglichst schnell abzuräumen.

Wir hatten im Vorfeld alles getan, um trotz der ablehnenden Grundhaltung eine sachliche Debatte zu ermöglichen: Noch vor der Ratssitzung hatten wir allen Ratsmitgliedern eine vereinfachte Fassung unseres ursprünglichen Beschlussvorschlags geschickt – ohne feste Prozentsätze, mit klaren Leitlinien und einem klaren Arbeitsauftrag an die Verwaltung, die Details auszuarbeiten. Damit wollten wir die Hürden senken und den Weg für einen mehrheitsfähigen Kompromiss öffnen.

Trotzdem blieb es am Ende bei einer schlichten Ablehnung. Zentrale Fragen – etwa wie sich die Gemeinde künftig an Planungsgewinnen beteiligt oder wie bezahlbarer Wohnraum verbindlich gesichert werden kann – wurden nicht ernsthaft diskutiert.

Unsere Bewertung der Ratsentscheidung

  • SPD und CDU entziehen sich einer grundlegenden inhaltlichen Diskussion über die künftige Baulandentwicklung. Weder zum ursprünglichen noch zum vereinfachten Beschlussvorschlag wurden eigene Ideen auf den Tisch gelegt.
  • Die Grünen verweisen auf eine angeblich bessere Lösung in Form einer „Infrastrukturabgabe“. Deren Prüfung wurde zwar bereits im Haushaltssicherungskonzept 2025 beschlossen, die Verwaltung dazu aber bis heute aber kein ausgearbeitetes Konzept vorgelegt, was angesichts der Bedeutung des Themas – freundlich formuliert – unbefriedigend ist.

Wir bleiben dabei: Jesteburg braucht ein konsequentes, gemeinwohlorientiertes Baulandentwicklungsmodell, wenn wir unseren Ort bis 2040 geordnet, sozial ausgewogen und finanziell tragfähig weiterentwickeln wollen. Dass die Ratsmehrheit diese Chance nicht ergriffen hat, ist sehr bedauerlich. Wir werben weiter für eine inhaltliche Debatte, in der nicht Schlagworte, sondern Konzepte zählen.


Unser Baulandmodell 2.0 ist ein Schlüsselbaustein der Ortsentwicklung bis 2040. Es baut auf den Überlegungen auf, die wir bereits ausführlich dargestellt haben:

In Kurzform verfolgt das Modell fünf Kernziele:

  1. EINFLUSS DER GEMEINDE INVESTORENUNABHÄNGIG SICHERN: Neue Wohn- und Mischgebiete sollen nur dort entstehen, wo die Gemeinde frühzeitig mitreden und Bedingungen durchsetzen kann – etwa über vertragliche Vereinbarungen oder eigene Flächen. Nicht die reine Investorenlogik, sondern das Gemeinwohl soll den Rahmen setzen.
  2. PLANUNGSGEWINNE FAIR TEILEN: Wenn durch neues Baurecht Bodenwerte deutlich steigen, soll die Gemeinde daran beteiligt werden – in Geld und/oder in Form von Flächen (z.B. durch Baufelder für Kitas, soziale Nutzungen oder preisgedämpften Wohnraum oder finanzielle Beiträge, die gezielt in Infrastruktur und Gemeindefinanzen zurückfließen).
  3. BEZAHLBAREN WOHNRAUM KONSEQUENT ERMÖGLICHEN: In neuen Quartieren sollen verbindlich Anteile für bezahlbaren Wohnraum festgelegt werden – mit Quoten, klar definierten Zielgruppen und Regeln für Mieten oder Kaufpreise. Die Behauptung aus Teilen der SPD, ein Baulandmodell diene dazu, „preiswerten Wohnraum zu verhindern“, dreht die Realität ins Gegenteil: Ohne klare Regeln und vertragliche Bindungen bleibt bezahlbarer Wohnraum eine unverbindliche Absichtserklärung.
  4. GRÜNFLÄCHEN, KLIMASCHUTZ UND MOBILITÄT VON BEGINN AN MITDENKEN: Neue Gebiete sollen flächenschonend geplant werden, ausreichend Grün- und Aufenthaltsflächen bieten, gut zu Fuß und mit dem Rad erreichbar sein, sinnvoll an den ÖPNV angebunden werden und Lösungen für Regenwasser, Hitze und Klimaschutz enthalten. Das ist für uns unverzichtbarer Standard einer modernen Quartiersentwicklung – und gehört an den Anfang der Planung, nicht als Anhängsel ans Ende.
  5. HAUSHALT DAUERHAFT ENTLASTEN: Wer baut, verursacht zusätzliche Kosten: für Kinderbetreuung, Schule, Wege, Grünflächen, Entwässerung, soziale Infrastruktur. Mit dem Baulandmodell soll ein fairer Anteil dieser Folgekosten von den Projektträgern getragen werden.

In Verbindung mit einer Beteiligung am Planungsgewinn können daraus – je nach Gebiet – erhebliche Einnahmen für den Gemeindehaushalt entstehen. Nicht alles lässt sich über ein solches Modell finanzieren, aber deutlich mehr als über symbolische Einzelbeträge.

Die Grünen verweisen in der Debatte gerne auf eine „Infrastrukturabgabe“, die man – ihrer Ansicht nach – als Alternative zum Baulandmodell prüfen solle. Auch auf das Beispiel Seevetal wird verwiesen.

Im Kern bedeutet eine „Infrastrukturabgabe“: Investoren beteiligen sich an konkret benennbaren zusätzlichen Kosten, die ihr Projekt verursacht – also die Schaffung zusätzlicher Infrastruktur auslöst. Typische Beispiele sind ein zusätzlicher Kita-Raum, ein neuer Spielplatz, eine Haltestelle oder zusätzliche Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung und zum Lärmschutz.

Das ist grundsätzlich sinnvoll. Aber eine Infrastrukturabgabe

  • beantwortet nicht, wie ein neues Gebiet insgesamt aussehen soll.
  • regelt nicht, ob und in welchem Umfang bezahlbarer Wohnraum entsteht.
  • verschafft der Gemeinde keinen klaren Zugriff auf die Entwicklung der Fläche.
  • ersetzt keine Strategie für die Mischung und Bebauungsdichte unterschiedlicher Gebäudetypen, notwendigen Klimaschutz oder Mobilitätsanforderungen.

Fakt ist: Eine belastbare Ausarbeitung zur „Infrastrukturabgabe“ liegt dem Rat bis heute nicht vor. Es gibt lediglich die Einschätzung der Verwaltung, dass über eine Beteiligung der Investoren an Folgekosten durch die Erschließung zusätzlichen Baulandes in den Haushalten 2026 bis 2029 jeweils 10.000 Euro als zusätzliche Einnahmen eingeplant werden können.

Vor diesem Hintergrund ist es schwer nachzuvollziehen, warum die „Infrastrukturabgabe“ immer wieder als vermeintlich bessere Lösung ins Feld geführt wird.

Stellt man beide „Modelle“ nebeneinander, wird deutlich:

  • Die „Infrastrukturabgabe“ könnte – sauber ausgearbeitet – ein Baustein innerhalb eines solchen Baulandmodells sein. Sie ersetzt das Modell aber nicht. Sie ist ist ein eng begrenztes Finanzinstrument und kann helfen, bestimmte Mehrkosten eines Projekts aufzufangen – mehr aber auch nicht.
  • Das Baulandmodell ist eine Gesamtstrategie für neue Quartiere. Es regelt den Einfluss und die Steuerung einer Baulandentwicklung durch die Gemeinde, teilt Planungsgewinne fair, legt bezahlbaren Wohnraum verbindlich fest, definiert Qualitätsstandards für Grünflächen, Klimaschutz und Mobilität und sorgt dafür, dass die Folgekosten neuer Gebiete die Gemeindefinanzen nicht überrollen.

Wer das Baulandmodell ablehnt, verzichtet bewusst auf ein großes Steuerungs- und Einnahmepotenzial – und begnügt sich mit einem Instrument, das im Haushalt derzeit mit 10.000 Euro pro Jahr hinterlegt ist.